Wie gründet man (oder Frau) eigentlich richtig, das kann doch nicht so schwer sein?! So dachte ich noch bis vor kurzem. Als ich die ganzen, „schlauen“ Artikel las und die ganz vielen „tollen“ Sendungen („Höhle der Löwen“, etc.) sah, wie leicht doch das Gründen von Unternehmen in Deutschland sei. Und, das Start Ups von den Banken das Geld quasi hinterher geschmissen bekommen. Weil diese „Wohltäter“ (genannt Banken) anscheinend nicht mehr wissen, wohin mit dem billigen Geld. Und auf ihre Einlagen auch keine Strafzinsen zahlen wollen.

Dann wurde ich aber live mit der harten Realität konfrontiert. Als ich eine junge Dame – die mir bestens bekannt ist – bei ihrer Gründung begleitete. Und die mir dazu ihre Erlebnisse auf ihrer Reise zur „Hölle und zurück“ erzählte:

Endlich die eigene Herrin sein!

„Also, dachte ich mir vor ein paar Monaten: Frisch ans Werk – Es wird gegründet! Ich wollte einen eigenen Laden eröffnen. Sogar in München, wo es so gut wie keine freien, vernünftigen und vor allem bezahlbaren! Gewerbeflächen mehr gibt. Aber auch das schreckte mich zum damaligen Zeitpunkt überhaupt nicht. Auch nicht die Verantwortung für viel Geld, oder das motivierende Führen von Personal. Schliesslich hatte ich über 10 Jahre als Betriebsleiterin eines großen Münchner Fitness- und Sportstudios mehrere Mitarbeiter und Auszubildende geführt. Und mit Kassenabschluss, Ein- und Verkauf, Marketing und Kundengewinnung genügend Erfahrung gesammelt. Dachte ich zumindest.

Mein Lebenstraum

Das dachte ich solange, bis ich das erste Gespräch mit der Beraterin meiner Hausbank führte, bei der ich seit über zwanzig Jahren mein Girokonto hatte (und welches ich nie überzog). „Was haben Sie denn vor, was wollen Sie denn gründen?“, so die Frage meiner sehr netten und sympathischen Ansprechpartnerin. Und ich erklärte: „Ich möchte einen Laden eröffnen – „Servus Resi – Natürlich Unverpackt“ soll er heißen. Als Zusammenfassung von dem, was ich anbieten möchte. Nämlich biologisch angebaute Lebensmittel aus möglichst regionalen Betrieben. Alles verpackungsfrei zum selbst Abfüllen. Zusätzlich auch noch besondere, nachhaltige Haushaltswaren und Kosmetika. To-Go-Snacks für die Mittagspause im Pfandglas. Es soll ein Gegenentwurf zu den großen Supermarkt-Giganten sein und den Kunden Entschleunigung, Authentizität und Nachhaltigkeit bieten.“

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Statt Beratung nur Floskeln

Die Bankberaterin hörte mir aufmerksam zu und wies mich darauf hin, dass ich einen detaillierten Business-, Finanzierungs- und Rentabilitätsplan brauche. Den sie dann bei der KfW einreichen werde, da diese für Kredite im Unternehmer-Bereich die Spezialisten sind. Keine neuen Informationen, da ich mich vorher natürlich erkundigt hatte. Dennoch war ich überrascht, dass mir als jahrelanger Kundin von meiner Hausbank kein Beratungsgespräch angeboten und ich mit Floskeln abgekanzelt wurde.

Na gut, sagte ich, kein Problem. Es war zwar kurz vor Weihnachten, aber ich hatte ja schon viel vorbereitet und war mit den Plänen fast fertig. „Ich würde Ihnen nächsten Woche alles vorbeibringen, sodass Sie es noch vor Weihnachten prüfen und weiterleiten können. Ich habe nämlich schon einen Laden in Aussicht, der exakt meinen Vorstellungen entspricht. Perfekte Lage, guter Schnitt, bezahlbare Miete. Ich wäre die Wunsch-Kandidatin des Vermieters, müsste mich aber bald entscheiden…“ Ich könne die Unterlagen nicht einfach vorbeibringen, so die Dame von der Bank. Ich solle sie in die Bank-Cloud hochladen und sie sieht es sich dann nach Heilig Drei König an. Denn sie sei jetzt erst einmal im Weihnachtsurlaub. Erneut war ich überrascht, dass man mich gar nicht kennenlernen will.

Geld ist nicht alles – Aber ohne Geld ist alles nichts…

Aber ich hielt mich ran. Meine Pläne wurden verbessert und zurück-gebessert. Ich jonglierte mit Zahlen, stand mit ihnen auf und ging mit ihnen ins Bett. Ich nervte alle in meinem Umfeld – besonders meinen Partner und meinen Vater – mit meinen Beschreibungen und Ergebnissen. Ich konnte es drehen, wie ich wollte, am Schluss blieb für das erste Jahr ein dickes Minus übrig. Und zum Start fehlte ein mittlerer fünfstelliger Betrag.

Kurz vor Weihnachten war ich fertig (auch fix und fertig…), glücklich mit dem Ergebnis und vor allem stolz auf den ersten Schritt meines Projekts. Ich lud also alle zwölf (!) benötigten Dateien in die Cloud und drückte mit einem großen Seufzer und einem Stoß-Gebet die „Enter-Taste“ an meinem Laptop. Zu meiner Bankberaterin und zu der großen KfW. Für die doch eine Finanzierung meines kleinen Ladens nur ein Klacks sein konnte. So dachte ich zumindest.

Jetzt wurde es hektisch – Und ich immer nervöser

Im neuen Jahr wurde es dann hektisch. Der Immobilienmakler rief mich an: „Der Eigentümer des Ladens will Ende Januar für vier Wochen verreisen. Und bis dahin möchte er alles in trockenen Tüchern haben, auch mit der Unterschrift zu dem schon besprochenen Mietvertrag“. Ich erklärte ihm meine Situation und bat ihn um Geduld, bis Mitte Januar, dann hätte ich bestimmt alle Voraussetzungen geklärt und könnte den Vertrag unterschreiben.

Am 10. Januar rief ich also meine Bankberaterin an. Ich hoffe, ihr Urlaub sei schön gewesen? Ich möchte nicht drängeln… aber ob sie mir schon etwas sagen könne, damit ich meine Wunsch-Ladenfläche nicht in den Wind schießen muss. Freundlicherweise versprach sie mir, meine Dokumente gleich zu prüfen und sich zurückzumelden.

Und sie meldete sich tatsächlich noch am gleichen Tag: „Es tut mir sehr leid, Frau Holzmann“ – Den Rest hörte ich nur noch wie im Nebel – „Wir können Ihre Kreditanfrage nicht bewilligen. Sie haben keine Branchenerfahrung. Das bedeutet, dass alles andere unwichtig ist.“

Willkommen in der Hölle

Meine Welt zerbröckelte in Sekundenbruchteilen. Ein Bekannter sah mich – leichenblass – und erkundigte sich nach meinem Befinden. Ich schüttete ich ihm mein Herz aus. „Weißt Du was,“ antwortete er, „ich kenne das, so ging es mir auch. Keiner hatte mir vor dreißig Jahren zugetraut, was ich zwischenzeitlich mache, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ich musste Klinken putzen, Absagen wegstecken, Gelächter ignorieren… bis ich mein Geld zusammen hatte und anfangen konnte. Aber wenn Du an das glaubst, was Du machen willst, wenn Du kämpfst und lösungsorientiert denkst… dann findet sich immer ein Weg“. „And you know what?“, fügte der gebürtige Iraner lächelnd hinzu: „Now the banks want money from me“. Diese Worte von einem der wohlhabendsten Männer Münchens strafften mir die Schultern.

Wenn eine Tür zugeht, gehen zwei andere auf

Ich kratzte mein gesamten Ersparnisse zusammen, über Flüsterpost im Verwandten- und Bekanntenkreis sprachen sich mein Vorhaben und meine prekäre Situation schnell herum. Und innerhalb von wenigen Tagen sprangen private Geldgeber (aus dem Kreis meiner Kunden, aus meiner Familie und guter Freunde) ein. Denen ich gar nicht viel erklären musste, die teilweise nicht mal meinen Business-Plan sehen wollten. Die ganz einfach sagten: „Wir kennen Dich und wissen, wie Du arbeitest. Wir kennen Dein Engagement, Dein Herzblut, Deinen Fleiß. Dein Konzept gefällt uns und wir freuen uns, Dich unterstützen zu können.“

Nicht mehr in der Hölle, sondern im siebten Himmel

Bis heute verstehe ich nicht, dass meine Bank-„Beraterin“ mich nicht einmal kennenlernen wollte, um sich einen Eindruck von meiner Persönlichkeit zu machen. Sich die Zeit genommen hat, mich anzuhören. Keine Fragen gestellt hat, nicht interessiert war. Papier ist geduldig, die Banken sind es offensichtlich nicht.

Sei’s drum: der Mietvertrag wurde unterschrieben, Ideen wurden zu Plänen und Pläne zu Konzepten, die nun seit 11 Wochen realisieret werden. Und in 3 Wochen wird eröffnet: Am 27.März wird „Servus Resi – Natürlich Unverpackt“ für alle sichtbar. Spätestens dann werde ich mich nicht mehr wie in der Hölle fühlen – Sondern wie im siebten Himmel!“ :-))

Wie gründet man richtig