Der neue Marketing Mix wird für viele nicht einfach zu verstehen sein. Haben doch schon viele Unternehmer und Verantwortliche bei Unternehmen Schwierigkeiten, die Bestandteile – die 4 „P´s“ – des konventionellen Marketing Mix zu verstehen. Und diese Puzzle-Teile zu einem harmonischen, stimmigen und wirkungsvollen Gesamtbild zusammenzusetzen. Als „Vater“ dieses klassischen Marketing Mix gilt Jerome McCarthy. Der als Amerikanischer Marketing Professor in den 1960er Jahren das Konzept beschrieb, wie Unternehmen erfolgreich werden können. Nämlich mit der Gestaltung von wettbewerbsfähigen (am besten einzigartigen) Produkten, den dazu erzielbaren Preisen, der Wahl des Erfolgversprechendsten Vertriebskanals (Place oder Point of Sale) und der entsprechenden Werbung (Promotion).
Im Lauf der letzten Jahre kamen dann noch zwei weitere „P´s“ dazu:
- Physical Facilities: Diese hängen auch mit „Place/Point of Sale“ zusammen und spielen besonders bei Dienstleistungsangeboten unter dem Begriff „Ambiente“ eine große Rolle. Um mit der entsprechenden Ausstattung für ein positives Kauferlebnis zu sorgen und für entsprechende Kundenbindung.
- Prozesse: Hier werden alle Sachverhalte die mit dem Ablauf der Produktherstellung oder der Dienstleistung zu tun haben analysiert und stetigen Optimierungen unterzogen. Dabei spielen nicht nur rein technische Prozesse eine Rolle, sondern alle immateriellen Unternehmens- sowie Dienstleistungsprozesse.
Der neue Marketing Mix – Menschen und Unternehmenskultur
Das siebte „P“ – People
„Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld verdiene – Sondern ich verdiene viel Geld, weil ich gute Löhne zahle“ (Robert Bosch)
Anscheinend verstehen immer mehr Unternehmer und Verantwortliche in Unternehmen, was Robert Bosch mit diesem Satz meinte. Und auch die sog. „Marketing-Gurus“ scheinen erkannt zu haben, dass sie in den letzten Jahrzehnten ein besonders wichtiges „P“, nämlich die Menschen (People), entweder nicht als wichtig erachtet haben. Oder einfach als schlichte, immer zur Verfügung stehende Ressource, welche dem Produktionsprozess zuzuordnen war. So wie es Adam Smith (schottischer Moralphilosoph, Aufklärer und Begründer der klassischen Nationalökonomie) schon vor gut 250 Jahren beschrieb.
Menschen machen den Unterschied
Dabei hätten sich viele dieser „Gurus“ oder Unternehmenslenker einfach an anderen herausragenden Persönlichkeiten und deren Empfehlungen bzgl. der Wichtigkeit von „People “ orientieren können. Weil Menschen eben den Unterschied machen können. Und damit aus vergleichbaren und austauschbaren Dienstleistungen und Produkten eben etwas ganz besonderes.
Dazu einige Empfehlungen von Lee Iacocca (Amerikanische Autoindustrie-Legende):
- Die RICHTIGEN Menschen einzustellen, ist das Beste, was ein Manager tun kann.“
- Oder: „Ich stelle Menschen ein, die klüger sind als ich. Und dann versuche ich, ihnen nicht im Weg zu sein“
Das neue, achte „P“, welches immer wichtiger wird: Philosophie
Welches Werte-System haben Unternehmen?
Wie gehen Unternehmen (die Menschen an der Spitze und deren Führungskräfte) mit Menschen um? Ihren Mitarbeiter/innen, den Kunden, Geschäftspartnern oder anderen, für den Unternehmenszweck wichtigen Personen. Verhalten sich Verantwortliche in Unternehmen noch wie „Ehrbare Kaufleute„, kann man ihnen vertrauen, lassen sie sich „kaufen“? Halten sich Unternehmen an Gesetze und Regeln, oder versuchen sie, sich mit Lug und Betrug Vorteile zu verschaffen? Haben Frauen und Männer die gleichen Aufstiegschancen, gibt es echte Gleichberechtigung und Gleichstellung, oder steht diese nur in bunt gedruckten Unternehmensbroschüren?
Nach mir die Sintflut oder Nachhaltiges Wirtschaften?
Wie ist das Verhältnis von Unternehmen zu unserer Umwelt, wird diese gnadenlos ausgebeutet, nur um Kosten zu sparen? Steht nachhaltiges Wirtschaften im Vordergrund, oder nur kurzfristige Gewinnmaximierung im Sinne von Shareholder Value-Denken?
Teil der Gesellschaft, oder nur Nutzniesser der bereitgestellten Infrastruktur?
Sieht sich das Unternehmen als Teil der Gesellschaft, ist es auch bereit seinen Teil zum Erhalt dieser beizutragen? Egal, ob mit dem Bezahlen von Steuern, oder mit einem klaren Bekenntnis zu unserer Gesellschaftsform, unserer Demokratie und dem friedlichen Zusammenleben von verschiedenen Kulturen.
Wenn (die richtigen) Antworten fehlen, dann fehlen bald die Kunden UND die Mitarbeiter!
Diese Fragen werden immer häufiger gestellt. Nicht nur von der jungen Generation, auch nicht nur von Hunderttausenden von Menschen, die sich unter „Friday For Future“ zum Erhalt unseres Planeten und damit für ihre Zukunft einsetzen.
Wer als Unternehmen diese Fragen nicht positiv beantworten kann, wird bald keinen Platz mehr auf der „Auswahlliste“ von Kunden UND von Mitarbeiter/innen finden. Gerade in Zeiten des sog. Fachkräftemangels spielt dabei das entsprechende „Employer Branding“ eine entscheidende Rolle. Weil aber nicht nur Papier geduldig ist, sondern auch die bunt leuchtenden Homepages schnell mit wohlklingenden Statements gefüllt sind, trifft auch hier die Aussage von Erich Kästner zu: „Es gibt nichts Gutes ausser man tut es!“ Unternehmen und deren Repräsentanten werden nicht an ihren Reden gemessen werden, sondern an ihren Taten.
Wo sind die „Leuchttürme“ – Geht alles so weiter wie bisher?
Jetzt frage ich mich und Sie: Welche Unternehmen haben es schon verstanden, dass sie sich nicht mehr auf eine veraltete Marketing-Lehre aus dem letzten Jahrhundert berufen können. Dass im 21. Jahrhundert andere Spielregeln gelten, wie man als Unternehmen erfolgreich wird. Und dies eben nicht für eine paar Quartale, sondern nachhaltig und langfristig. Oder sind der neue Marketing Mix und die neuen „Ps“ – People und Philosophie“ nichts anderes als nette Phrasen, mit denen Unternehmen neuerdings glänzen wollen? Und dann einfach wieder so weitermachen, wie sie es schon immer gemacht haben: Möglichst wenig für die Herstellung von Gütern bezahlen, Menschen (Produktionsfaktoren) sind im Zweifel austauschbar. Und den Kunden vorgaukeln, dass man etwas besonderes sei, welches auch seinen besonderen Preis wert ist.
Was meinen Sie?