Vertrauen zu genießen sei mehr wert, als geliebt zu werden! Behauptet zumindest der schottische Schriftsteller George Macdonald.

Worin liegt nun das Geheimnis von „Vertrauen“, warum gibt es immer weniger Menschen, denen wir sogar bedingungslos vertrauen würden? Warum wird Vertrauen oft auch missbraucht? Und dies nicht nur in einer privaten Beziehung, sondern gerade auch im Beruf.

Vertrauen ist wie ein zartes Pflänzchen, muss gehegt und gepflegt werden, braucht Zeit, bis es zu einem starken „Baum“ heranwächst, kann aber wie dieser Baum auch oft über Nacht zerstört werden. Und zu Vertrauen gehören ja immer mindestens zwei, dies macht das Aufbauen und Pflegen so schwer, aber bei entsprechendem Gelingen für alle Beteiligten umso wertvoller. Und bei besonders starkem Vertrauen „trauen“ sich dann manche sogar und schwören sich ewige Treue.

Was ist nun das „Düngemittel“ für dieses Vertrauen, auf welchem „Humus“ wächst es besonders gut und wird besonders stark? Nach meinen Erfahrungen (auch mancher Enttäuschung) im privaten und beruflichen Bereich bildet sich VERTRAUEN aus folgenden Bausteinen:

V = Verlässlichkeit und Verschwiegenheit.

Vielleicht die wichtigsten „Buchstaben“ von Vertrauen und die Basis, auf das sich dieses gründet. Einfach das sagen, was man meint und dann auch das tun, was man gesagt hat. Einhalten, was man verspricht, ohne jeden Tag daran erinnert werden zu müssen. Wenn ich mir sicher bin, dass ich mich auf jemanden verlassen kann, dann bräuchte es für getroffene Vereinbarungen eigentlich auch keine schriftliche Form. Man müsste auch nicht ständig irgendwelchen Zwischenstände kontrollieren und könnte sich um andere Dinge kümmern. So wie es den Prinzipien von Ehrbaren Kaufleuten entspricht, bei denen ein Handschlag ein gegebenes Wort noch zählt, auf das man sich verlassen kann. Und Verschwiegenheit sollte dabei selbstverständlich sein. Wie kann jemand von einem anderen Vertrauen erwarten, wenn man selber vertrauliche Dinge ausplaudert und damit seinen Partner bloss stellt? Gerade bei der Gabe der Verschwiegenheit, die nicht jedem Menschen gegeben ist,  trennt sich dann sehr schnell die Spreu vom Weizen. Ob jemand ein „normaler“ Bekannter bleibt, oder zum besten Freund oder der besten Freundin wird, denen man alles anvertrauen kann.

E = Einsatz und Erfahrung

Menschen brauchen Sicherheit, wenige begeben sich in unkalkulierbare Risiken, von Gefahren ganz zu schweigen. Deswegen werden gerade diejenigen Führungskräfte als natürliche Autorität akzeptiert, die schon schwierige Situationen erfolgreich gemeistert und dabei auch persönliche Verantwortung für ihr Tun übernommen haben. Helmut Schmidt als „Krisenmanager“ bei der verheerenden Sturmflut vor jetzt bald 55 Jahren  (Februar 1962) in Hamburg ist dafür das Paradebeispiel. Auch weil er bei seinem Einsatz einfach das getan hat, was getan werden musste, ohne nach Zuständigkeiten, oder vorhandenen Budgets zu fragen.

R = Risiko

In Vertrauen steckt ja auch das Wort „Trauen“. Da Vertrauen nicht auf Knopfdruck entsteht, braucht man schon einen gewissen Mut, wenn man sich auf jemanden einlässt und ihm oder ihr sein Vertrauen schenkt. Nicht nur, dass man dieser Person zutraut, Entscheidungen zu treffen und auch Verantwortung für diese Entscheidung zu tragen. Sondern auch, dass man sich traut, sein eigenes Schicksal ein bisschen in die Hand von jemand anderen zu geben.  Natürlich wird nicht jeder dem entgegengebrachten Vertrauen sofort gerecht,  manchmal scheitert der Versuch an trivialen Dingen wie an unterschiedlichen (zu hohen) Erwartungen, missverständlich gegebenen Informationen, oder einfach an der noch nicht vorhandenen Expertise oder Erfahrung. Da hilft nur das „Heran tasten“, Ausprobieren und Testen (im Beruf auch das Prinzip „Fördern durch Fordern). Das entsprechende Risiko einkalkulieren und mögliches Scheitern gelassen akzeptieren. Und natürlich auch die Empfehlung von Laotse: „Wer nicht genügend vertraut, wird kein Vertrauen finden.“

T = Teamspirit

Da Vertrauen ja keine „Einbahnstrasse“ ist, zerstört egoistisches Verhalten jegliche Basis für eine Partnerschaft. Ziele gemeinsam festlegen, Erlebnisse und Ergebnisse (auch negative) gemeinsam teilen, Schuldzuweisungen vermeiden und sich als gleichberechtigte Partner sehen. So entsteht eben kein Misstrauen, sondern Zusammenhalt, gerade auch in den nicht ausbleibenden „schlechten Tagen“.

R = Rückhalt

„Nobody is perfect“, keiner macht im Normalfall absichtlich Fehler. Gerade in den vorher (Teamspirit) beschriebenen „schlechten Tagen“ ist es wichtig und entscheidend, Rückhalt und damit Vertrauen zu geben. Ausser, es liegt einem nichts an der entsprechenden Person, oder man will nicht mit in die entsprechende Verantwortung genommen werden. Dann kann man aber gleich jegliches Bemühen um gegenseitiges Vertrauen einstellen und eine Beziehung nur auf „Leistung und Gegenleistung“ (monetär) aufbauen, statt auf Gemeinsamkeiten, Teilen und Verständnis. Und wie fatal eine Zusammenarbeit basierend auf „Management by Angst“ (keine Fehler machen zu dürfen, Ziele auf „Teufel komm raus“ erreichen zu müssen) sein kann, erleben wir gerade live bei einem großen, deutschen Automobilhersteller.

A = Akzeptanz

Wenn man nicht alles selber machen möchte, ist dafür das Akzeptieren von anderen Vorgehensweisen die entsprechende Basis. Eben auch mit dem Vertrauen, dass „mehrere Wege nach Rom führen“ und dass die beste Motivation das Zutrauen in die Fähigkeiten des Partners ist. Damit stärke ich dessen Verantwortungsgefühl, dessen Engagement und auch dessen Selbstvertrauen, was wiederum automatisch zu höherem Einsatz und besserem Ergebnis führt.

U = Unabhängigkeit

Auch hier greife ich gerne auf das Beispiel von Helmut Schmidt zurück. Obwohl „Parteisoldat“ und erster Mann im Staate, war er nur seinem Gewissen verpflichtet („Für mich bleibt das eigene Gewissen die oberste, moralische Instanz“, aus seiner „Auschwitz-Rede“ im Jahr 1977). Menschen müssen das Gefühl haben, dass ihr Gegenüber nicht vorrangig zu seinem eigenen, persönlichen Vorteil Entscheidungen trifft, sondern stets das Wohl der Partnerschaft, oder der Allgemeinheit im Auge haben. Früher hat man diese Haltung auch als Rückgrat, oder Haltung bezeichnet, nicht nur in der Politik. Vertrauen sollte deswegen eben nicht mit Abhängigkeit verwechselt werden, sondern mit Zutrauen in die uneigennützigen Motive des jeweiligen Partners.

E = Ehrlichkeit

Vielleicht der „größte“ und damit auch der am schwierigsten zu bearbeitende Baustein im „Haus“ des Vertrauens. Fehler passieren, zugesagte Versprechen können beim besten Willen oft nicht eingehalten werden, manchmal erliegt man Verlockungen, so sehr man sich auch dagegen sträubt. Hier hilft es dann nicht, zu vertuschen, zu verschleppen, zu beschönigen, oder den gemachten Fehler abzustreiten. Offenheit und Ehrlichkeit und die Bitte nach  „Entschuldigung“ ist gefragt, nur so hat man zumindest die Chance, ein angeknackstes Verhältnis noch zu retten.

N = Nicht aufgeben

Und an dem „angeknacksten Verhältnis“ heisst es dann zu arbeiten, wiederum von beiden Seiten. Ist es schon nicht einfach Vertrauen zu gewinnen, ist es noch schwieriger, erlebte Enttäuschungen und dadurch entstandenes Misstrauen zu verarbeiten und wieder vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, oder zusammenzuleben. Wenn einem aber tatsächlich an einer Beziehung – egal, ob im Beruf, oder zu Hause – etwas liegt, ist zu schnelles Aufgeben eine zu einfache Lösung. Auch wenn es nicht einfach ist, sollte man zumindest versuchen, Verständnis für das entsprechende Agieren aufzubringen und am Schluss sogar Verzeihen. Außer, Vertrauen wird laufend missbraucht und man wird selber ausgenutzt. In dieser Situation hilft dann wirklich nur die Lebensweisheit mit dem „Ende und dem Schrecken“, auch weil das eigene Leben einfach zu kostbar ist, um es an notorische Lügner und Betrüger zu verschwenden.

Ja, Vertrauen ist nicht einfach zu bekommen, zu pflegen und zu behalten. Immer weniger Menschen genießen dieses Vertrauen, oder geben es entsprechend weiter. Vielleicht ist Vertrauen ja gerade deswegen das Wertvollste in einer Beziehung, vielleicht auch tatsächlich mehr als gegenseitige Liebe…

 

Diese Gedanken sind auch Teil der „Blog-Parade“ von Angelika Neumann, bei der Beispiele für gute Zusammenarbeit präsentiert werden. Siehe http://angelikaneumann.de/blogparade-gute-zusammenarbeit/