Ein gutes Betriebsklima ist das Geheimnis für hohe Motivation der Mitarbeiter/innen und den unternehmerischen Erfolg. Arbeit soll Sinn und Spaß machen, Flexibilität bieten und Freiräume beinhalten. Beim idealen Chef wird darauf geachtet, dass er ein loyaler, offener, kommunikativer und glaubwürdiger Typ ist, der auch Rückhalt bietet. Das sind nicht nur die Ansprüche der sogenannten Generation Y und Z (der heute bis 35-Jährigen), sondern ganz normale Erwartungen von Mitarbeiter/innen an ihren Arbeitgeber und an ihren direkten Vorgesetzten.
Oft sieht die Praxis allerdings ganz anders aus. Nach verschiedenen Studien hat die emotionale Bindung der Angestellten zu ihrem Unternehmen in den letzten Jahren dramatisch abgenommen. Viele Befragten planen bereits konkret ihren Wechsel, oder noch schlimmer, haben sich in die innere Kündigung zurückgezogen.
Wie können nun Führungskräfte für eine hohe Motivation und für das dafür notwendige, gute Betriebsklima sorgen? Auch, um mit diesem „Klima“ die Identifikation der Mitarbeiter/innen mit ihrem Unternehmen zu steigern und die entsprechende Loyalität zu erhöhen. Aufgrund meiner Erlebnisse und Erfahrungen setzt sich ein motivierendes KLIMA aus folgenden Buchstaben zusammen:
K lare Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen auf Basis des individuellen Könnens und Wollens der einzelnen Mitarbeiter/innen.
Dies beseitigt Missverständnisse und Unzufriedenheit in der Zusammenarbeit, jeder kann sich auf seine Aufgabe konzentrieren und Verschwendung von Energie wird vermieden. Schnittstellen beim Zusammenspiel verschiedener Bereiche und der einzelnen Spezialisten müssen klar definiert und allen Beteiligten bekannt sein.
L eistung fordern, zeigen und belohnen
Erfolg beruht mehr auf „Transpiration“ als auf Inspiration. Morgens der Erste, abends der letzte ist hier der Anspruch an die Führungskräfte. Vorleben statt nur „Vorbeten“, nicht von anderen verlangen, was man selbst nicht bereit ist zu tun. Natürlich erwarten Mitarbeiter für ihre erbrachte Leistung auch eine angemessene Bezahlung und das Erfolgsgeheimnis von Robert Bosch – „Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne bezahle“ – gilt auch heute noch, aber nicht nur. Der Wunsch nach Beachtung und nach ehrlichem Lob treibt Menschen oft mehr an, als nur das monatliche Gehalt, oder eine zusätzliche Prämie. Gemeinsam hart arbeiten, Spaß haben und bei Erfolgen auch kräftig Feiern ist der entsprechende „Treibstoff“, mit dem vorbildliche Führungskräfte zu besonderen Leistungen motivieren.
I nformationen und Arbeitsumgebung bereitstellen
Ein Großteil der Mitarbeiterzufriedenheit hängt davon ab, ob man eine Arbeitsumgebung schafft, die den jeweiligen Job am besten erledigen lässt. Und dabei sind nicht nur moderne Arbeitsmittel und eine entsprechende Arbeitsumgebung gemeint, sondern ganz besonders auch die Bereitstellung aller benötigten Informationen. Deswegen lieber zu viel als zu wenig informieren und darauf achten, dass die aktuellen Informationen allen Beteiligten rechtzeitig und vollständig zur Verfügung stehen. Oder wie es Robert Waterman (Amerikanischer Unternehmensberater) empfiehlt: Geben Sie Ihren Mitarbeitern Arbeit, bei der sie ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen müssen. Geben Sie ihnen alle notwendigen Informationen. Erläutern Sie ihnen klipp und klar, was es zu erreichen gilt. Und dann – lassen Sie sie in Ruhe.
M iteinander und Mischung
Im Team ist man aufeinander angewiesen, jeder muss sich auf den anderen verlassen können. Jeder ist im Team gleich wichtig, es darf keine „Lieblings- und Ersatzspieler“ geben, gerade wenn man in kleinen Organisationen auf „blindes Verständnis“ angewiesen ist. Damit das Arbeiten im Team Spass macht ist die entsprechende Mischung unterschiedlicher Charaktere entscheidend. „Alte Hasen“ und „Junge Wilde“, Experten und Querdenker, Tüftler und Introvertierte, so wird es nie langweilig. Man vermeidet Betriebsblindheit und man kann voneinander lernen.
A chtung der individuellen Persönlichkeiten und der unterschiedlichen Wertvorstellungen
Weil ja jeder Mensch anders ist (siehe die unterschiedlichen Wertewelten und Erwartungen) spielt das Auseinandersetzen und respektvolle Umgehen mit der jeweiligen Persönlichkeit eine entscheidende Rolle für ein gutes Betriebsklima. Auch, weil ja jeder Mensch mit Respekt und Achtung behandelt werden möchte. Deswegen kommte es gerade bei Fehlverhalten und/oder mangelnder Leistung auf den entsprechenden Umgang an, hier macht der berühmte „Ton“ tatsächlich die „Musik“. Emotionen oder persönliche Angriffe, erst rechtBeleidigungen, sind fehl am Platz. Klares Aufzeigen der ursprünglichen Vereinbarungen, den Abweichungen zu den besprochenen Zielen und der sachliche Austausch von Argumenten sollten im Mittelpunkt einer entsprechenden Analyse stehen. Welche Unterstützung eventuell gefehlt hat, welche Informationen nicht vorlagen und ob zusätzliches Training (Weiterbildungen, besondere Anleitung,…) benötigt wird.
Mit der Zusammensetzung dieser „Buchstaben“ sind dann tatsächlich schon beste Voraussetzungen für ein gutes, motivierendes Betriebsklima im Unternehmen geschaffen. Menschen den benötigten Freiraum und Vertrauen geben, Verantwortung übertragen und natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Als Führungskraft eher weniger Kommandieren, Kontrollieren und Korrigieren. Sondern lieber mehr Koordinieren, Kooperieren und Kommunizieren.
Und wer als besonderes Vorbild wirken und mit loyalen, motivierten Mitarbeiter/innen ein besonderes Klima schaffen möchte, dem hilft vielleicht auch die Empfehlung von Albert Schweitzer: „Ein Beispiel zu geben ist nicht die wichtigste Art, wie man andere beeinflusst. Es ist die einzige.“
Lieber Herr Holzmann,
vielen Dank für Ihre reflektierten und klaren Worte in Bezug auf Führung. Sie sprechen immer wieder sehr wichtige Aspekte der Führungsethik, wie Authentizität, Vorbildrolle, das Auseinandersetzen mit den Persönlichkeiten der einzelnen MitarbeiterInnen, Führen und Kommunizieren auf Augenhöhe etc. an. Ich lese Ihre Texte sehr gerne und empfehle sie weiter.
Einzig der Abschluss mit einem Zitat von Clairvaux hat mich diesmal etwas stutzen lassen. Er hat zwar sicherlich auch einige Verdienste, ist aber eine historisch eine äußerst umstrittene Persönlichkeit. Er war einer der Haupttreiber des zweiten Kreuzzuges (Anfang 12 Jhd.) und hat die ideologische sowie religiöse Rechtfertigung für diesen geliefert. Mit seiner Rhetorik hat Clairvaux viele Menschen in den Tod geschickt oder diesen über sie gebracht.
Als ausgebildete Historikerin und selbst junge Führungskraft regt sich in mir daher der Widerwillen, wenn ein Zitat von ihm über den Abschluss eines tollen Textes über gute Führung bildet. Ich weiß aber auch, dass diese Seite von Clairvaux vielen unbekannt ist. Und wie Sie ja selbst schreiben, man sollte lieber mehr Informationen zur Verfügung stellen, als zu wenige. Das tue ich hiermit also und freue mich schon darauf, Ihren nächsten Newsletter zu lesen.
Mit vielen Grüßen aus Graz
Diana Materi
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Liebe Frau Materi,
herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung zu meinem Beitrag und für die zusätzlichen Informationen! Das mit „Clairvaux“ hatte ich tatsächlich noch nicht gewusst, man lernt eben nie aus…. 🙂
Viele Grüße
Ernst Holzmann
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Wieder mal toll geschrieben, Herr Holzmann! Hab ich sehr gern gelesen!
Schade,dass man es wieder mal auf der XING Startseite nicht direkt kommentieren kann…
Herzliche Grüße
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Vielen Dank für Ihr Kompliment, über das ich mich sehr gefreut habe! 🙂
Viele Grüße
Ernst Holzmann
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Ein sehr guter und wichtiger Beitrag zum Thema Betriebsklima. Eigentlich ist es ja in der Theorie gar nicht so schwer, glückliche Mitarbeiter und ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen. Umso trauriger, dass es so viele Führungskräfte doch nicht auf die Reihe kriegen. Da scheitert es meist schon an der Sache mit dem Koordinieren und nicht jeden Tag aufs neue Fragen, wie der Stand bei ein und dem selben Projekt ist, sondern einfach mal machen lassen und darauf vertrauen, dass sich der Mitarbeiter meldet, sobald es Neuigkeiten im Projekt gibt. Ich habe passend zu ihrem Beitrag noch einen weiteren zum Thema gefunden, der auch noch mal in Stichpunkten aufgreift, was das Betriebsklima negativ beeinflusst und was man als erste Schritte angehen sollte, um das Klima zu Verbessern. (Das war dieser hier: https://www.ifb.de/der-betriebsrat/wichtig-fuer-den-betriebsrat/trendthema-betriebsklima.html).
Vielen Dank und Viele Grüße,
Melanie
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Vielen Dank für Ihre Nachricht und die zusätzlichen Informationen! 🙂
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Lieber Herr Holzmann, ein sehr wertvoller und interessanter Artikel. Unter L kann Leistung gefordert aber auch gefördert werden. Ich bekomme von meinen MitarbeiternInnen meistens das was ich erwarte. Setze ich hohe Erwartungen in sie bekomme ich meistens entsprechend eine hohe Leistung. Die Person fühlt sich wertgeschätzt, wenn ich hohe Erwartungen in ihr Können setze. Wenn ich allerdings denke, dieser Person kann ich das sowieso nicht zutrauen und ich kann das auf jeden Fall besse selber erledigen, dann wird die Person bestimmt nicht wachsen. Ideal ist, wenn man den MitarbeiterInnen immer ein bisschen mehr zutraut, wie das was sie bereits gezeigt haben, dann können sie ihr Potenzial entfalten.
Vielen Dank für Ihren Beitrag und weiterhin viel Erfolg
Uta Metzdorf
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Liebe Frau Metzdorf,
vielen Dank für Ihre positive Rückmeldung und für Ihre zusätzlichen Anregungen, über die ich mich sehr gefreut habe! Auch ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und sende sonnige Grüße aus Potsdam. :-))
Ernst Holzmann
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Lieber Herr Holzmann,
interessanter Artikel, vieles bekannt, die Aussage von Robert Bosch fnde ich faszinierend…
Aber eine Aussage speziell zum Buchstaben L gefällt mir garnicht und daher auch die Rückfrage zu einem Satz die ich stellen möchte:
„L eistung fordern, zeigen und belohnen“
„Erfolg beruht mehr auf „Transpiration“ als auf Inspiration. Morgens der Erste, abends der letzte ist hier der Anspruch an die Führungskräfte…“
Muss ich das so verstehen wie es da steht? Haben Führungskräfte nicht auch Anspruch auf Work Life Balance und machen Sie nicht irgendwas verkehrt wenn es notwendig ist, das sie morgens als erste kommen und abends als letzte gehen??? WIe soll da noch Familie, Freunde, Freizeit und Beruf unter einen Hut passen?
Wenn Sie dies selbst als Führungskraft so vorgelebt haben, lieber Herr Holzmann, wieviel Zeit haben Sie tatsächlich gehabt um Ihre 3 Kinder aufwachsen zu sehen wenn Sie doch von früh bis spät im Unternehmen waren?
Vielleicht habe ich diesen Part falsch verstanden, wenn nicht muss diese Frage gestattet sein…
Viele Grüße
Dirk Lange
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Hallo Herr Lange,
vielen Dank für Ihren Kommentar und für Ihre Fragen, über die ich mich sehr gefreut habe!
Selbstverständlich sollten Führungskräfte genauso Anspruch auf eine ausgeglichene Work Life Balance haben und auch den Mut aufbringen, entsprechende Aufgaben und Verantwortungen zu delegieren. Mein Hinweis (Morgens der Erste, Abends der Letzte) bezog sich eher auf die Führungskräfte, die meinen, dass die erreichte Position – und nicht die Leistung bzw. der Einsatz für ihr Team – schon für das entsprechende Salär ausreicht.
Ich musste leider zu viele Verantwortliche erleben, die nicht nur in Krisenzeiten davon redeten, dass „wir alle jetzt sparen und noch härter arbeiten müssen“. Dann aber weiter Business Class flogen (die Mitarbeiter/innen weiterhin „Holzklasse“) und in teuren Hotels abstiegen (die Mitarbeiter in Bed & Breakfast). Oder morgens um 09:00 Uhr pünktlich kamen, einige repräsentative Tätigkeit ausübten und sich gut gelaunt um 17:00 Uhr auf den Golfplatz verabschiedeten. Und dann von ihren Mitarbeiter/innen verlangten, „doppelt so schnell zu rudern“, schliesslich würden ja alle im gleichen Boot sitzen.
Zusammengefasst bin ich ein großer Anhänger von Vorleben, statt Vorbeten. Oder wie es Lee Iacocca so schön sagte: The speed of the boss ist the speed of the team :-))
Viele Grüße
Ernst Holzmann
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Hallo Herr Holzmann, danke für die schnelle Antwort.
Ja, diesen Ansatz kann ich nachvollziehen. Da fällt mir jetzt auch ein Stein vom Herzen…
Ein früherer Chef hat mal zu mir gesagt: Herr Lange, richtig gut machen Sie ihren Job wenn Sie auf den Malediven sitzen und Ihr Unternehmen dennoch so gut läuft das ein Anruf am Tag reicht nur um den aktuellen Stand des Überschusses zu erfahren… – dort mache ich mir übrigens Gedanken über die Zukunft meines Unternehmens…
In diesem Sinne, viele Grüsse von den Malediven ( nein soweit ist es noch nicht) 😉
Dirk Lange
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Apropos Malediven: Kennen Sie diese Geschichte? https://ernstholzmann.blog/2018/08/06/leben-um-zu-arbeiten-oder-arbeiten-um-zu-leben/
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