Sicherheitsmenschen, wie Lady Diana, Pretty Woman mit Julia Roberts, oder Schneewittchen kennen wir ja alle. Entweder aus Märchen, aus dem Fernsehen, oder aus tragischen Ereignissen.

Was aber tun, wenn man solche Wesen im täglichen Leben um sich hat, gerade im Büro? Wie man Sicherheitsmenschen erkennt und wie man mit diesen am besten umgeht, beschreibt im nachfolgenden Gast-Beitrag Mira Christine Mühlenhof*. Die sich beruflich intensiv mit unterschiedlichen Persönlichkeiten beschäftigt und deren „Intrinsische Motivation“ erkundet und offenlegt.

Ein Beispiel aus dem Arbeitsleben

„In Ihrem Unternehmen arbeitet eine Mitarbeiterin, nennen wir sie Frau D. Sie ist eine angenehme Person, mit guten Fähigkeiten, etwas schüchtern vielleicht, aber sie passt wunderbar ins Team. Leider ist sie häufig zu ängstlich und scheut sich davor, Entscheidungen zu treffen. Gerade für ihren Job bräuchte es aber Mut und Tatkraft, die Position ist neu geschaffen worden und verlangt Einsatzfreude, Risikobereitschaft und auch eine Portion Kühnheit. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, jede Anfangsphase jedoch stellt die Weichen für den Erfolg des gesamten Projekts. Doch Frau D. scheint dem Ganzen nicht wirklich gewachsen zu sein.

Was ist zu tun? Wenn es offensichtlich ist, dass Frau D. die Anforderungen an ihr Jobprofil nicht erfüllen kann, müssen Sie handeln. Auch im Team rumort es schon eine Weile, einige Kollegen äußern offen ihren Unmut über das zurückhaltende Verhalten von Frau D. Andere Kollegen bringen sich in Position. Es wirkt, als wolle das Team sie abschießen. Und was macht Frau D.? Anstatt jetzt richtig durchzustarten, verkriecht sie sich noch mehr, läuft mit sorgenvoller Miene durchs Büro und agiert irgendwie gelähmt. Gestern wirkte sie wie ein verschüchtertes Reh, als sie auf ihr Projekt angesprochen wurde. Wohin das führen kann? Die Kollegen machen keinen Hehl daraus, was sie von Frau D. denken. Das könnte Ihre Mitarbeiterin dazu bringen, alles hinzuschmeißen. Und das würde nun wirklich niemandem helfen.

Soweit ein mögliches Szenario für Zusammenarbeit mit einem Sicherheitsmenschen. Wir haben es hier mit einem Archetypus zu tun, den wir aus vielen Geschichten kennen: Er beschreibt schutzbedürftige Figuren wie zum Beispiel Lady Diana, das Bambi, Julia Roberts in „Pretty Woman“ oder auch Schneewittchen: Ihre Kernaussage lautet „Ich bin ein Opfer und sehne mich nach einem Retter.“

Was ist für Sicherheitsmenschen noch charakteristisch?

Anspruch:

Da diese Menschen unsicher sind, hätten sie am liebsten für alles feste Regeln, an denen sie sich orientieren können. Sie brauchen eine Struktur, an der sie sich festhalten können und möchten im Vorfeld wissen, woran sie sind und was auf sie zukommt. Sicherheitsmenschen planen viel, um unvorhergesehene Situationen zu vermeiden. Dieses Verhalten gibt ihnen Sicherheit. Aus diesem Grund fragen sie auch ihre Mitmenschen oft nach deren Meinung: um sich danach richten zu können. Sicherheitsmenschen scheuen sich davor, die Verantwortung für ihr eigenes Handeln zu übernehmen.

Körpersprache:

Sicherheitsmenschen strahlen mit ihrem ganzen Körper Vorsicht und Zurückhaltung aus, sie bleiben lieber auf Abstand. Ihre Angst steht ihnen förmlich ins Gesicht geschrieben: Ihr Gesichtsausdruck erinnert an ein scheues Reh. Ihre Gestik, Mimik und Körpersprache spiegelt das eigene Selbstbild wider: Sie wirken schüchtern, defensiv und zurückhaltend.

Wohnung und Umgebung:

„Lady Diana“ lebt gerne in einer angenehmen Umgebung. Die Inneneinrichtung ist stilvoll, ästhetisch, farblich dezent und es passt alles zusammen. Sie hat ein ausgeprägtes Raum- und Stilempfinden, korrigiert intuitiv das falsch platzierte Sofa im Raum. Auch modisch gesehen agiert sie so: Alles muss zusammenpassen. Diese „Prinzessin“ kleidet sich auffallend geschmack- und stilvoll, am liebsten Ton in Ton und am liebsten unauffällig. Ihr ist ein schönes Gesamtbild wichtig, aber keinesfalls will sie auffallen.

Umgang im Miteinander:

Sich in den Vordergrund zu stellen, ist Sicherheitsmenschen, einer „Pretty Woman“ fremd. Sie agiert lieber aus der 2. Reihe. Am liebsten verschwindet sie in einer Gruppe, da ist sie eine von vielen und fühlt sich sicher. Die Voraussetzung ist jedoch, dass sie das Gefühl haben muss, dass alle Gruppenmitglieder ihr wohlgesonnen sind. Ist nur einer dabei, dem sie nicht traut, ist die Geborgenheit dahin.

Wissen Sicherheitsmenschen, dass sie so sind?

Wenn Sie jetzt auf das Beispiel aus Ihrem Unternehmen zurückkommen und denken  „Ja, Frau D. wirkt genauso“, dann überlegen Sie weiter: Haben Sie Frau D. jemals mutig voranschreiten sehen? Oder beobachtet, dass sie in einem Meeting eine neue Idee präsentiert hat? Was könnten Sie über ihre Mimik und Gestik sagen? Wirkt sie schüchtern, ängstlich und zurückhaltend? Alles Aspekte, die Grund zu der Annahme bieten, dass Frau D. ein Sicherheitsmensch sein könnte.

Wie können Sie ihr erklären, dass die Kollegen von ihrer Ängstlichkeit und Vorsichtigkeit extrem genervt sind und keine Geduld mehr mit ihr haben? Keine leichte Aufgabe, denn Sie müssen davon ausgehen, dass Frau D. sich selbst in diesem Punkt selten bis gar nicht hinterfragt hat. Sie weiß nicht, dass dieses Muster in ihr aktiv ist. Für sie ist ihre innere Welt zumeist in Ordnung. Selbst wenn es manchmal kurz in ihr aufblitzen mag, dass vielleicht irgendetwas nicht ganz rund läuft (zum Beispiel weil die Kollegen gereizt auf sie reagieren), kann dies dem eigenen Verhalten nicht zugeordnet werden.

Was also können Sie als Führungskraft tun?

Geben Sie diesem Mitarbeiter Sicherheit, indem Sie ihn unterstützen und anregen, eigene Ideen und Pläne mutig voranzutreiben. Sprechen Sie Problematiken offen an und seien Sie ehrlich mit ihm. Sicherheitsmenschen wittern jeden Verrat, denn er hat früh die Erfahrung gemacht, dass sein Vertrauen missbraucht wurde. Deswegen fällt es ihm auch so schwer, Vertrauen aufzubauen.

Menschen mit dem Muster Sicherheit können sich entwickeln, wenn sie

  • Mut entwickeln und auch lernen, mutige Entscheidungen zu treffen
  • lernen, Vertrauen aufzubauen (in sich selbst, die Menschen und das Leben an sich)
  • sich darin üben, ihre Ängste und Zweifel zu überwinden
  • Selbstvertrauen und innere Stärke entwickeln und auch bei Misserfolgen nicht gleich die Flinte ins Korn schmeißen, sondern dranbleiben
  • eine gesunde Mischung aus dem Bedürfnis nach Sicherheit und der Lust auf Abenteuer finden
  • lernen, dass die Welt nicht nur „Worst-Case-Szenarien“ für sie bereit hält

Die positiven Eigenschaften des Sicherheitsmenschen zusammengefasst

Menschen, die sich im Muster Sicherheit wiederfinden, können in einem entwickelten Zustand sehr

  • strukturiert und gerecht
  • verantwortungs- und pflichtbewusst
  • verbindend und offen
  • loyal und treu
  • freundlich und geerdet
  • und ganz besonders verlässlich sein“

Und sind wir doch mal ehrlich: Ein „Bambi“, eine Lady Diana, ein Schneewittchen oder eine „Pretty Woman“ sind uns doch allemal lieber. Als der böse Wolf, eine alte Hexe, oder ein hartherziger Prinz… :-))

 

*Wie sollen andere mich verstehen, wenn ich mich selbst nicht richtig kenne? – diese Frage ist der rote Faden im Leben von Mira Christine Mühlenhof und inspirierte sie dazu, die Kraft der intrinsischen Motivation zu erforschen. Gemeinsam mit ihrem Team berät sie als Coach und Trainerin kleine und mittelständische Unternehmen und Privatpersonen zu den Themen Veränderung, Entwicklung, Kundenbeziehungen und nachhaltiger Motivation.  Gerade ist ihr Buch „Chefsache Intrinsische Motivation“ erschienen, in dem sie aufzeigt, welche intrinsischen Motivationen es gibt und wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter damit erreichen können.