Am meisten für meine späteren Aufgaben als Führungskraft habe ich in meiner ersten Station als Trainer auf dem „Platz“ gelernt. Blutjung, hoch motiviert und mit der DFB-Lizenz in der Tasche übernahm ich das Team, bei dem ich vorher noch Spieler war. Stellte die Mannschaft streng nach Trainingsbeteiligung und körperlicher Fitness (Schnelligkeit, Kraft und Ausdauer) auf, so wie es mir beigebracht wurde und so wie es in allen Lehrbüchern steht. Und stieg am Ende der Saison sang- und klanglos ab. Weil die erfahrenen, älteren Spieler aus beruflichen Gründen nicht mehr so oft trainieren konnten und weil ihre körperliche Leistungsfähigkeit einfach ausgereizt war. Und ich Trottel sie nicht aufstellte und dafür ausschliesslich junge, talentierte Spieler auflaufen liess. Die zwar schnell und ausdauernd rennen konnten, aber einfach das „Runde nicht in das Eckige“ brachten. Oder bei denen immer dann, wenn das Spiel auf der Kippe stand, die Nerven versagten und die oft genug in den letzten Minuten den sicheren Sieg aus der Hand gaben.

Nach dieser Chaos-Saison besorgte ich mir alle Bücher, die irgendetwas mit „Führung“ zu tun hatten und holte mir auch den Rat von erfahrenen Trainern ein, die alles schon einmal erlebt hatten. So fing ich an, zu verstehen, wie man aus talentierten, motivierten aber unerfahrenen „Rohdiamanten“ mit viel Geduld und Sachverstand ein erfolgreiches Team formen kann. Aber auch, warum alte „Hasen“ für einen entsprechenden Erfolg unverzichtbar sind. Und wie diese Leistungsträger geführt und wo sie eingesetzt werden müssen, damit das Team ihr wertvolles Wissen, ihr Können und ihre Erfahrung nicht verliert

Nachfolgend gebe ich meine entsprechenden Erfahrungen jetzt an Sie weiter. Auch, damit Ihnen meine Erfahrung mit dem Abstieg erspart bleibt. . Egal, ob auf dem „Platz“, oder im Büro.

 „Geben Sie Ihren Mitarbeitern genau die Arbeit, bei der sie ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen können.

Geben Sie ihnen dabei alle notwendigen Informationen und erläutern sie ihnen klipp und klar, was es zu erreichen gibt. Und dann – lassen Sie sie in Ruhe!“ Diese Empfehlung von Robert Waterman (Amerikanischer Unternehmensberater) kann ich nur voll und ganz unterstützen! Klare Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen auf Basis der Stärken der einzelnen „Spieler“, gibt speziell jungen Talenten Sicherheit und den benötigten Spielraum zum Entfalten ihres Potentials. Vom „Einfachen zum Schwierigen“ heißt hier die Devise, egal, ob auf dem grünen Rasen oder im Büro. Den Leistungsstand der Spieler überprüfen und bei Bedarf (z.B. bei neuen, anspruchsvollen Herausforderungen) entsprechende Hilfestellungen und/oder Training anbieten. Und dann: Üben lassen und testen, ob sie den zugeteilten Aufgaben und Erwartungen gewachsen sind. Die jeweilige Führungskraft ist bei dieser Zusammenarbeit mehr als Coach und weniger als Vorgesetzter alter Prägung gefragt. Dabei sind das Schaffen von optimalen Arbeits-/Umgebungsbedingen, das Bereitstellen von benötigten Ressourcen und das Definieren von Schnittstellen zwischen einzelnen „Spielern“ und Teams viel entscheidender, als das Erteilen von Anweisungen und deren Überwachung. Oder anders ausgedrückt: Lieber mehr Koordinieren, Kooperieren und Kommunizieren. Und weniger Kommandieren, Kontrollieren und Korrigieren.

„Neue Besen kehren gut. Aber die alten kennen die Ecken“!

Dies wusste schon der deutsche Unternehmer Klaus Steilmann. Damit die Arbeit im Team Spaß macht und Erfolge bringt, ist auch die entsprechende Mischung entscheidend. Routiniers, welche „im Schlaf“ ihr Handwerk verstehen und auch in kritischen Situationen kühlen Kopf bewahren, bilden das Rückgrat jeder erfolgreichen Mannschaft. Auch weil diese „Haudegen“ selber schon viele Herausforderungen gemeistert und die Auswirkungen eigener Fehler am eigenen Leib verspürt haben. So dass diese „Schlachtrösser“ instinktiv wissen, was in speziellen Situationen richtig und falsch, erfolgreich oder erfolglos sein wird. Und jeder schlaue Coach weiss ja, dass ein „Mittelstürmer“ nicht bis an das Ende seiner Tage einem jüngeren Gegenspieler weglaufen kann. Aber dieser Mittelstürmer kennt nicht nur die Abkürzungen zu einem Ziel, sondern kann oft auf einer anderen Position sein wertvolles Wissen und seine Erfahrungen für das Team und seine jüngeren Mitspieler einbringen.

„Das Gras wächst auch nicht schneller, wenn man jeden Tag daran zieht“

Ohne experimentierfreudige „Youngsters“, die neue und innovative Methoden einbringen, verharrt ein Team oft im Gewohnten und versandet im Mittelmass. Für die Unternehmen bedeutet dies ganz besonders, dass neben dem Halten von Leistungsträgern die Suche nach Talenten, die wegen des demographischen Wandels immer weniger werden, immer wichtiger wird. Um diese Talente dann auch zu halten, spielen eine empathische und wertschätzende Führung genauso eine wichtige Rolle, wie das Gewähren von Freiräumen und eine entsprechende Geduld.  Kluge Führungskräfte kennen das Chinesische Sprichwort „dass eben das Gras nicht schneller wächst, auch, wenn man jeden Tag daran zieht“. Und sie wissen, dass junge Menschen zwar gefordert werden wollen, aber dass sie diese auch bei Bedarf schützen und stützen müssen, gerade bei nicht ausbleibenden Misserfolgen. Das erreichte Ergebnis sollte sorgsam analysiert und gemachte Fehler sachlich und vertraulich angesprochen werden. Das Aufzeigen von Wegen zu Verbesserungen gehört dabei genauso dazu, wie das Einräumen von Chancen zur erneuten Bewährung, zum Hinzulernen und zum Sammeln von neuen Erfahrungen. So, wie es auch Hans Merkle (legendärer Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH) einmal treffend ausgedrückt hat, „dass man Führungskräfte eben nicht innerhalb von 9 Monaten bekommt“. Einen anderen Weg als den beschriebenen gibt es nicht, gerade um hoch talentierte und ausgebildete Nachwuchskräfte im eigenen Team zu halten und nicht an den Wettbewerb zu verlieren. Langfristig werden sich diese Geduld und das eingesetzte Vertrauen aber im wahrsten Sinne des Wortes auszahlen. Durch größeres Verantwortungsbewusstsein, größeren Einsatz und schlussendlich durch den sich einsetzenden Erfolg für alle Beteiligten.

Die gesunde Mischung scheint tatsächlich das Geheimnis für den Erfolg einer MANNSCHAFT zu sein. Mit alten „Schlachtrössern“, jungen „Wilden“, Experten und Querdenkern, introvertierten und emotionalen Typen. Aber am Schluss entscheidet dann nach meinen Erfahrungen oft nicht die Aufstellung, sondern mehr die Einstellung. Oder wie es Fußball-Legende Pele sagen würde: „Erfolg ist kein Zufall. Er kommt zu uns durch harte Arbeit, Ausdauer, Lernen, Aufopferung und vor allem Liebe zu dem, was wir tun, oder lernen!“

 

P.S.: Die nächste Saison sind wir übrigens mit großem Vorsprung aufgestiegen und dann sofort wieder Meister geworden. Schaden scheint doch „klug“ zu machen. Vorausgesetzt, man sucht den Fehler nicht bei anderen… 🙂