Führen in der Krise ist nie einfach. Gerade weil Krisen sich eben nicht rechtzeitig ankündigen und die Beteiligten deswegen oft unvorbereitet treffen. Auch wenn es viele Unternehmen noch nicht so richtig spüren – oder wahrhaben wollen – der Konjunkturhimmel verfinstert sich immer mehr. Manche Ökonomen nehmen ja schon das „R“-Wort (Rezession) in den Mund, bei quasi Null-Wachstum des BIP in den letzten Quartalen auch nicht zu unrecht.
Bei Schönwetter kann und mag jeder gerne Captain sein!
Jetzt wird es wieder sehr spannend werden, zu beobachten, wie sich die Unternehmenslenker und ihre Führungskräfte verhalten. Bei „Schönwetter“ kann nämlich jeder sehr leicht „Captain auf der Brücke“ sein. Und mit einer schmucken, weißen Uniform das Schiff (Unternehmen) nach außen präsentieren, während sich die Matrosen unten im Deck die Hände schmutzig machen müssen.
Aber wie verhält sich der „Captain“, wenn Sturm aufzieht? Wenn sein Schiff in schweres Wetter gerät, wenn die Ladung in Gefahr gerät, oder sogar das ganze Schiff? Hier trennt sich dann sehr schnell die Spreu vom Weizen. Hier zeigt sich, wer Haltung beweist und als Vorbild agiert. Oder getreu dem Motto „rette sich wer kann“. Und dabei leider oft genug der Captain zuerst und nicht zuletzt.
Bei diesem Szenario (auf See und in Unternehmen) gewinne ich dann oft den Eindruck, dass dieses „rette sich wer kann“ ganz oben bei vielen Führungskräften in ihrem persönlichen Logbuch steht. Welche Konsequenzen diese Haltung auf die Mitarbeiter/innen haben kann, beschreibt Beate Kanisch* in ihrem Gastbeitrag.
„Wollen Sie wirklich ALLE Mitarbeiter verlieren?
Diesen Eindruck gewinne ich persönlich, wenn mir Coachees von ihrem beruflichen Alltag berichten. Und von dem Umgang, den sie – selbst Führungskraft – im Miteinander mit ihren Vorgesetzten erleben.
Angst ist nie ein guter Berater
Gerade in Unternehmen mit einer angespannten geschäftlichen Lage zeigt sich, welche persönlichen Kompetenzen die jeweiligen Führungskräfte unter Druck noch abrufen können. Zwänge, wie hohe Einsparziele, Abbauziele und noch mehr Effizienzsteigerung „treiben Führungskräfte schon manchmal in die Enge“. Auf der einen Seite wollen und sollen sie weiter unternehmerisch agieren, neue Produkte so schnell wie möglich auf den Markt bringen und/oder neue Geschäftsfelder erschließen. Auf der anderen Seite gilt es, die zwingend notwendigen Sparpotenziale auszuschöpfen – schließlich wollen sie sich nicht in der Insolvenz wiederfinden und „abgewickelt“ werden.
Aus der Presse wissen sie ja aktuell von Insolvenzen, nicht nur in der Automobilzulieferbranche. Dieses Schreckensszenario wollen sie von ihrem Arbeitgeber abwenden – natürlich auch im eigenen Interesse verbunden mit der Sorge um den eigenen Arbeitsplatz. Da wird die Angst ein starker Begleiter – die ist allerdings kein guter Berater.
Führungskräfte verlieren ihr inneres Gleichgewicht
So kommen verschiedene äußere und innere Faktoren zusammen, welche die betroffenen Führungskräfte manchmal in ihrem Verhalten nicht mehr sie selbst sein lassen. Gegenüber ihren Mitarbeitern werden sie ungehalten, das Verhalten nicht mehr einschätzbar, eher unlogisch, und oft auch nicht mehr nachvollziehbar.
All das Gelebte in guten Zeiten schwindet: Das Vorbild sein, die Transparenz über Entscheidungen, die Ermutigung der Mitarbeiter in ihren Verantwortungen. Quintessenz ist, die Angst und Unsicherheit von Managern überträgt sich auf ihre Mitarbeiter. Wertschätzung und konstruktives Feedback bleiben aus.
Mitarbeiter/innen fangen an, sich selbst zu retten
Die daraus erwachsende Unzufriedenheit der Mitarbeiter spiegelt sich in Kultur, Leistung und Ergebnis. In letzter Konsequenz legt der Mitarbeiter all seine Energie in seine persönliche Umorientierung und einen aktiven Bewerbungsprozess – bis hin zum Erfolg. Ob es woanders besser wird, weiß er nicht. Dass es anders wird, auf jeden Fall und vielleicht auch ein wenig besser.
Führen in der Krise: Reflektieren Sie Ihr Verhalten!
Dies ist eine Einladung an alle Führungskräfte, sich gerade in schwierigen Situationen ihrer Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern bewusst zu sein sowie die eigene Haltung und das daraus resultierende Verhalten zu reflektieren. Ein Werkzeug-Tipp: die Hogan Assessments. Sie sind eine wunderbare Basis zur Selbstreflektion, z.B. zu eigenen Werten und wie Sie unter Druck agieren.
Einen Versuch wäre es wert!
*Beate Kanisch war viele Jahre in verantwortlichen Positionen in einem international agierenden Konzernen tätig. Heute gibt sie ihre Expertise und Erfahrung in der Personal- und Organisationsentwicklung als Rednerin, Coach, Trainerin und Moderatorin an Unternehmen aller Größenordnungen und Branchen weiter. Mehr Informationen über Beate Kanisch erhalten Sie hier