Jeder von uns hat das zu Ende gehende Jahr bestimmt anders in Erinnerung. Mit hoffentlich viel freudigen Ereignissen und wenigen traurigen, von Katastrophen ganz zu schweigen. Mein Jahr beinhaltete vieles von allem, wobei ich vor zwölf Monaten nicht im Traum daran gedacht hätte, was wir in diesem Jahr alles erleben durften. Viel zu oft sogar mussten.
Januar
Das neue Jahr ging schon „gut“ los. Mit der Amtseinführung eines Amerikanischen Präsidenten, der Amerika wieder „groß“ und einzigartig machen wollte. Und bei dessen Einführungszeremonie sich schon andeutete, was noch alles auf uns zukommen würde. Eben nicht nur Show und Selbstinszenierung, sondern eine Politik, die auf Egoismus, Spaltung der Gesellschaft und Rücksichtslosigkeit gegenüber der Natur und Umwelt ausgelegt war und ist. Und wieder habe ich mich gefragt: Wie erklären wir das nur unseren Kindern?
Februar
Auch in Deutschland wurde mit Frank-Walter Steinmeier ein neuer Bundespräsident als Nachfolger von Joachim Gauck gewählt. Normalerweise ein Amt, in dem man (hoffentlich bald auch mal „Frau“) hauptsächlich repräsentative Pflichten hat und zu Weihnachten Staatstragende Reden halten darf. Wie wichtig aber dieses Amt in diesem Jahr noch werden würde, konnten wir damals nicht ahnen.
Auch weil ich einfach mal wissen wollte, wie arbeitssuchende Menschen wieder an Jobs herangeführt werden, habe ich bei der „Gesellschaft für Personalentwicklung und Bildung“ in Berlin die entsprechenden Umschüler (Sport- und Fitnesskaufleute) mit den Geheimnissen von erfolgreichem Marketing vertraut gemacht. Manche Teilnehmer/innen fanden die entsprechenden Lektionen, Praxis-Übungen und Exkursionen spannend, hilfreich und interessant. Andere liebten am meisten die entsprechenden Pausen…
März
Am 19. März wieder eine Wahl. Diesmal wurde bei dem außerordentlichen Bundesparteitag der SPD der Nachfolger von Sigmar Gabriel als Parteivorsitzeneder gesucht. Und mit dem ehemaligen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nicht nur gefunden, sondern mit 100% der Stimmen grandios zum neuen Vorsitzenden gekürt. Der die Partei mit seinem Thema der Sozialen Gerechtigkeit aus dem Umfragetief und als Spitzenkandidat in die im September anstehende Bundestagswahl führen sollte. Und in den ersten Wochen dampfte der „Schulz-Zug“ dann auch tatsächlich mächtig los und schien nicht aufzuhalten zu sein. Und nicht nur ich fragte mich, ob Martin Schulz tatsächlich das SIEGER-Gen hatte und die „alte Tante“ SPD wieder an die Spitze bringen würde.
April
Ich durfte wieder bei der EMBA (Europäische Medien- und Business Akademie) in Hamburg meine Lehrveranstaltung über Business Ethik halten. Wie so oft, konnten die Studierenden mit Begriffen wie „Corporate Social Responsibility“, Compliance, oder dem „Code of Conduct“ wenig anfangen. Auch dachten viele der jungen Menschen am Anfang des Moduls noch, dass Tricksen, Täuschen, Korrumpieren, oder das Hinterziehen von Steuern mit zu dem Erfolg eines Unternehmens gehören. Und nicht, dass man auch heute noch gerade mit den Tugenden eines Ehrbaren Kaufmanns erfolgreich sein kann. Aber spätestens, als wir darüber sprachen, dass im Leben alles seinen Preis hat und entsprechende Beispiele diskutierten, änderte sich die Stimmung und die Aufmerksamkeit. So dass am Schluss alle die zu schreibende Projektarbeit über den Aufstieg und Fall des ehemaligen Drogeriemarkt-Königs Anton Schlecker erfolgreich zu Papier brachten.
Mai
Wieder einmal Dramatik pur in den deutschen Fußball-Ligen. Die „Löwen“ aus München steigen in die Regionalliga ab, der BVB aus Dortmund gewinnt den DFB Pokal im Endspiel gegen Eintracht Frankfurt. Trainer Thomas Tuchel muss trotzdem gehen, bei der entsprechenden Trennung gibt es leider einen Rosenkrieg. In der 1. Bundesliga wird „überraschenderweise“ der FC Bayern München zum xten Mal Deutscher Meister. Aber gerade Mannschaften wie der SC Freiburg beweisen, dass für einen Erfolg „Köpfe“ oft wichtiger wie „Kohle“ sind.
Juni
In den ersten Monaten seiner Regierungszeit war der US-Präsident mehr mit Entlassungen seiner Berater oder anderer Mitglieder seines „Clans“ beschäftigt und mehr oder weniger ungeschickt durch Europa gestolpert. Zu Beginn des Monats Juni kündigte er dann den Austritt der Vereinigten Staaten aus dem am 4. November 2016 in Kraft getretenen Pariser Klimaschutzabkommens an. Seine Anhänger in der Kohlebranche jubelten, der Rest der Welt war entsetzt über so viel Blindheit. Und ich war sprachlos. Freute mich aber umso mehr, dass in Frankreich nach dem zweiten Wahlgang zur Parlamentswahl die erst im April 2016 von Emmanuel Macron gegründete liberale Partei „La Republique en Marche!“ (LREM) die absolute Mehrheit erzielte. Und die Rechtspopulisten dort vorerst noch wenig zu sagen haben. Vorerst…
Juli
Jogi Löw´s „Dream Team“ gewinnt den Confederations-Cup in Russland mit einem 1:0 im Endspiel gegen Chile und zeigt wieder einmal, dass eine MANNSCHAFT mehr ist, als die Summe der einzelnen Spieler. In Deutschland verwüsten schwere Unwetter viele Regionen. Auch Potsdam und mein Lieblingsbaum am Heiligensee bleiben davon nicht verschont. Aber immer noch meinen viele Menschen, dass der Klimawandel ja nicht stattfindet und die Zunahme von Orkanen, Dürre und Überschwemmungen damit nichts zu tun haben.
August
Immer mehr Gast-Autoren machen bei diesem Blog mit, zum Beispiel:
- Oliver Dreber, der mehr zu Zivilcourage fordert
- Martina Lackner, welche nicht nur ganz besondere „Kanaillen“ beobachtet hat
- Gerd Thomas, der meint, dass „die Kleinen (Fußballvereine) bald alle sterben werden“
- Michael Welz appeliert an Führungskräfte und Personalabteilungen: Behandelt Mitarbeiter endlich auch wie Kunden!
- Frau Dr. Andrea Friedrich, die empfiehlt, dass Unternehmen „ohne Werte erst gar nicht anfangen brauchen“
- Oder Katja Gose-Krüger, die sich ihre Gedanken darüber gemacht hat, ob „gutes Aussehen schadet oder nützt“.
September
„Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ Mit diesen Worten in seiner Berliner Mundart drückte Max Liebermann sein Entsetzen am 30. Januar 1933 aus. Als am Tag der Machtergreifung der Nationalsozialisten die neuen Machthaber an Liebermann´s Haus am Pariser Platz in Berlin, nur einen „Steinwurf“ vom Reichstag entfernt, mit einem Fackelzug vorbeimarschierten. Und genau dieses Gefühl hatte ich am Tag der Bundestagswahl, nur zwei Tage nach meinem „runden“ Geburtstag. Als eine angebliche „Alternative“ Partei in den Reichstag einzog. Dessen Vorsitzender am liebsten (wieder) unliebsame Politiker „entsorgen“ würde und dessen Partei nicht nur mit ihrer Wahlkampagne („Der Islam gehört nicht zu Deutschland“) die durch unsere Verfassung garantierte Religionsfreiheit infrage stellt. Von kultureller Vielfalt als Teil unserer Gesellschaft ganz abgesehen.
Oktober
Wieder bin ich bei der EMBA, dieses Mal in Berlin mit meiner Lehrversanstaltung über das Zusammenspiel und die Abhängigkeiten von Sport, den Medien und der Gesellschaft. Wieder diskutiere ich mit angehenden Sport- und Medienmanagern auch über den aktuellen Wahnsinn im Fußball, der eigentlich keiner ist. Warum zum Beispiel die Konsumenten der Ware Fußball mit ihrem Geld die Spirale mit immer höheren Gehältern und astronomischen Ablösesummen immer mehr beschleunigen. Und sich damit der Profi-Fußball immer weiter von seinen Wurzeln entfernt und immer mehr zum Show-Business mit den dabei geltenden Regeln wird.
Aber dass nicht nur im Fußball-Business immer noch die Menschen an der Spitze den Unterschied ausmachen, beweist das Comeback des Jahres 2017. Die Rückkehr von Jupp Heynckes zum FC Bayern München als Trainer und Erfolgsgarant. Mit einfachen Methoden schuf er das Betriebsklima, welches Menschen zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit und zum Erreichen von Spitzenleistungen brauchen. Und seit diesem Comeback ist der FCB national schon wieder von der Konkurrenz nur mit dem „Fernrohr“ an der Spitze zu beobachten. Aber die Reifeprüfung wird erst im nächsten Jahr mit den Spielen in der Champions-League kommen. Und sollte dort Jupp noch einmal als Sieger vom Platz gehen, werden sie ihm in München an der Säbener Strasse nicht nur ein Denkmal bauen. Sondern vielleicht sogar diese Strasse nach ihm umbenennen…
November
In Bonn tagt die UN-Klimakonferenz, in Berlin gehen die Sondierungsgespräche für eine neue Regierungskoalition zwischen der CDU/CSU, den Grünen und der FDP weiter. Hatte man von den Gesprächen in Bonn schon wenig erwartet, schien es lange so, dass wir mit der neue „Jamaika-Regierung“ wieder in den grünen Bereich kommen könnten. Bis anscheinend einzelne Personen Angst vor der eigenen Courage bekamen und die gemütliche Rolle in einer Opposition der harten Regierungsarbeit vorzogen.
Die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht unter dem Titel „Paradise Papers“ die Ergebnisse ihrer Recherchen über Steuerschlupflöcher und entsprechende Steueroasen. „Insgesamt gehe es um 13,4 Millionen Dokumente aus Steuerparadiesen weltweit, es würden die Namen von mehr als 120 Politikern aus fast 50 Ländern auftauchen, dazu Unternehmer, Sportler und Unternehmer. Auch zu Geschäftspraktiken einiger Weltkonzerne gebe es Informationen.“ Und wenn man sich die Namen aus Deutschland und die Steuerskandale in den letzten Jahren in unserem Land ansieht, könnte man fast meine, wir lebten tatsächlich in einer „Bananen Republik Deutschland„. Geplatzte „Jamaika-Koalition“ hin oder her…
Dezember
Das Jahr endet so, wie es angefangen hat. Wieder mit einer großen Show und wieder mit einer Selbstinszenierung. In den USA verzeichnet der dortige Präsident nämlich endlich einen Erfolg, zumindest aus seiner Sicht. Er bringt die „größte Steuerreform aller Zeiten“ auf den Weg, die nach Bewertungen von Experten hauptsächlich den Unternehmen, den Reichen und Gutverdienenden nützt. Und welche die sowieso schon hoffnungslos überschuldeten Öffentlichen Verwaltungen um ca. 1,5 Billionen Dollar Steuereinahmen bringt.
Ausblick
Nicht nur bei der Steuerreform in den USA, oder bei der Regierungsbildung in Deutschland wird schon das neue Jahr zeigen, was daraus geworden ist. Und natürlich auch, wer den sich abzeichnenden Kampf – nicht nur in den USA – zwischen Menschlichkeit und Tyrannosaurus-Rex gewinnen wird. Da die Hoffnung bekannterweise zuletzt stirbt, drücke ich uns bezüglich dem „Sieger“ alle Daumen. Und für das Jahr 2018 wünsche ich Ihnen viel Erfolg, all das, was Sie sich wünschen, aber vor allem beste Gesundheit! :-))
Lieber Ernst Holzmann,
Sie haben wesentliche Geschehnisse pointiert und ins Gedächtnis gerufen. Vor allem teils jene, die nachhallen.
Im April bin ich hängengeblieben, weil mich der Fall Schlecker sehr interessiert und ich darüber kürzlich geschrieben habe (https://www.cornelialuetge.de/schlecker-tragödie/). Welche überraschende Erkenntnis haben Sie denn den Projektarbeiten bspw. entnehmen können? Ich wäre Ihnen für eine kurze Antwort dazu dankbar!
Für heute herzliche Grüße und alle guten Wünsche für das neue Jahr!
Cornelia Katinka Lütge
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Liebe Frau Lütge,
es freut mich, dass Ihnen mein Jahresrückblick gefallen hat, auch der Hinweis bzgl. dem „Schlecker-Case“! Bei der entsprechenden Projektarbeit waren sich die Studierenden einig, dass das Unternehmen Schlecker eben nicht nach den Prinzipien des Ehrbaren Kaufmanns geführt wurde. Und dass das Geschäftsmodell und die gewählte Rechtsform (Einzelkaufmann) bewusst gewählt wurden, um der Öffentlichkeit keinen Einblick in Bilanzen und Ergebnisrechnungen zu geben. Aber genau diese Rechtsform (mit gesamtem Privatvermögen haftend) dann Anton Schlecker zum Verhängnis wurde. Bzw. dann seinen Kindern, weil er versucht hatte, sein Vermögen an diese zu übertragen.
Aber was in dem Lehrmodul viel spannender und wichtiger war, war die Erkenntnis für die Studierenden, dass man zwar mit unehrenhaftem Verhalten oft sehr erfolgreich sein kann. Dass man aber am Schluss immer den Preis für sein Leben bezahlen muss und es nicht hilft, „der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein“…
Ich wünsche Ihnen ebenfalls ein erfolgreiches, aber vor allem gesundes, neues Jahr!
Viele Grüße
Ernst Holzmann
P.S.: Ich habe gerade Ihre spannende Aufgabe („Lion Heart“) gesehen, auch Ihren sehr zutreffenden Artikel über die Familie Schlecker… 🙂
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