Wussten Sie schon, dass Frauen eigentlich gar kein Geld brauchen? Behauptet zumindest meine Gastautorin, Martina Lackner*, wenn man sie darauf anspricht. Auf Basis ihrer Erfahrungen und Beobachtungen. Wenn sie Frauen fragt, wie diese eigentlich mit einem Teilzeitjob die spätere Rente finanzieren wollen. Oder, wenn sie ganz aufs Arbeiten verzichten, weil sie ihre Kinder lieber selbst betreuen möchten, statt sie den inkompetenten Erzieherinnen einer Kindertagesstäte zu überlassen. Wie kommt es, dass Frauen aus der Sicht von Martina Lackner beim Thema Geld so erschreckend naiv sind?

„Sie glauben mir nicht? Mein Lieblingsbeispiel ist eine meiner Freundinnen. Sie sagt: Alles kein Problem, sondern eine Frage der Ansprüche. Wenn sie sich scheiden ließe, müsse ihr Mann weiter Unterhalt für sie zahlen und dann sei da auch noch das Haus ihrer Mutter. Klingt alles sehr unproblematisch, durchdacht und logisch. Aber ich bin nicht überzeugt und frage nach: Wie viel Rente bekommst du eigentlich? Weißt du das denn? Es wird zum Leben reichen, bekomme ich als Antwort. Ich fange an zu rechnen. Bei einem 20-Stunden-Job auf 30 Jahre gerechnet – Kindererziehungszeiten nicht eingerechnet – resultieren daraus mit viel Glück 800 bis 1000 Euro Rente. Der Unterhalt im Scheidungsfall wird gegen Null gehen und das Haus der Mutter – mittlerweile 30 Jahre alt – muss renoviert und der Wert bei zwei Geschwistern durch 3 geteilt werden.

Meine Rechnung ergibt weniger frohlockende Aussichten, als meine Freundin mir weismachen will. Ich sei viel zu sehr aufs Geld fixiert, kontert sie meinen Einwand. Ich würde mich ja dem patriarchalisch dominierten Wirtschaftssystem unterwerfen. Logisch: Männer wollen erfolgreich sein und zwar für Geld. Wenn wir Frauen ebenso handeln, sind wir in den Augen meiner Freundin wie die bösen Männer. Zu meiner Ehrenrettung fällt mir gerade noch ein, dass ich auch arbeite, um mich selbst zu verwirklichen. Das konnte meine Freundin noch verstehen. Selbstverwirklichung ist akzeptabel, aber bitte nicht für Geld.

Die Gleichberechtigung hört beim Geldverdienen auf

Also führe ich meinen letzten Trumpf ins Rennen – die Frage nach dem Status. Hast du das Gefühl, dass du Anerkennung für die Erziehung deiner drei Kinder bekommst, frag ich meine Freundin? Bezahlt dein Mann dich für die Erziehungsleistung, die du an seiner Statt erbringst? Bist du in deiner Beziehung gleichwertig oder weniger wert? Es folgt Stille. Naja, lautet die Antwort, ich kämpfe täglich darum, dass mein Mann sich auch um die Kinder kümmert. Wir haben uns das anders vorgestellt. Mein Mann und ich wollten beide eine Arbeitsstelle mit flexiblen Zeiten, sodass wir uns abwechselnd um die Kinder kümmern können. Gekommen ist es ganz anders: Er  kann im Job nachmittags nicht weg und ich mache Abstriche. Ich arbeite nur 20 Stunden und kann mir die Zeit etwas flexibler einteilen. Aber ich verdiene in meinen Sozialjob deutlich weniger als er. Mit anderen Worten: Die Gleichberechtigung beim Geldverdienen ist auf der Strecke geblieben.

Diese Situation ist kein Einzelfall, sondern traurige Realität. Die Schlüsselfrage: Wieso kann, ja muss, die Frau aus ihrem Job weg und der Mann nicht?

*Hier geht es weiter: https://martinalackner.com/warum-sind-frauen-so-naiv-wenn-es-ums-geld-geht/

Drehen wir das Szenario einmal um, beide machen Karriere. Vollzeit, ähnliche berufliche Positionen, annähernd ähnliches Gehalt, gleicher Status. Wer von beiden geht nachmittags nach Hause, um das kranke Kind früher aus der Kita zu holen? In diesem Szenario höchstwahrscheinlich die Nanny, das Au-pair, die Tagesmutter, die Großeltern oder irgendjemand, der für diesen Job engagiert wurde, jedenfalls nicht die Frau als Mutter des Kindes. Sie befindet sich nämlich zu diesem Zeitpunkt auf Dienstreise in einem anderen Teil Deutschlands. Man(n) kommt hier nicht auf die Idee, seine Frau zum Kind zu schicken. Ginge auch gar nicht, sie glänzt durch Abwesenheit.

Was macht den Unterschied aus? Im Fall meiner Freundin verdient diese schlichtweg nicht genug Geld, um die Kinderbetreuung outsourcen zu können. Sie fügt sich in das klassische Rollenmodell, im zweiten Modell wird ein Dritter mit der Betreuung der Kinder beauftragt. Wer von den beiden Frauen hat einen besseren Status? Innerhalb der Paarbeziehung und auch außerhalb? Diejenige, die Geld verdient und vermutlich in einem klimatisierten Bürogebäude in einem wichtigen Meeting sitzt?  Und entweder gar nichts von dem kranken Kind weiss, oder wenn doch, von dort aus den Ablauf im Krisenfall organisiert. Von ihr wird niemand verlangen, das nächste Flugzeug zu besteigen und nach Hause zu fliegen. Von der weniger verdienenden, hoch flexiblen Freundin schon. Völlig klar, dass sie zwar nicht zur Kita fliegt, aber dorthin rast. Aber wieso nicht ihr Mann?

Willkommen in der Teilzeit- und Hausfrauenfalle

Kennen Sie Sätze wie „Du hast ja genug Zeit, um die Kinder abzuholen, du arbeitest ja kaum“ oder „Ich bringe das Geld nach Hause, was willst du eigentlich“? Was will Ihr Mann Ihnen damit sagen?

Alle sind gleich, nur einer ist gleicher – Ihr Mann. Seine bezahlte Tätigkeit ist mehr wert als Ihre Arbeit als Hausfrau, Mutter, Teilzeitarbeitende, Gärtnerin, Köchin und Altenpflegerin. Schließlich haben Sie ja auch noch Haus, Hund und alte Eltern. Sie haben keinen Status, weil Sie über kein oder nur geringes Einkommen verfügen. Geld schlägt Betreuungsleistungen. Beziehungsarbeit ist eindeutig weniger wert.

Hartnäckig wie ich bin, löchere ich meine Freundin weiter: Warum gehst du nicht auf eine Vollzeitstelle, dann kannst du dir Kinderbetreuung leisten?

Weil ich niemals auch mit einer Vollzeitstelle annähernd dasselbe verdienen würde, wie mein Mann, lautet die Antwort. Die Kinderbetreuung nicht so qualitativ sei, wie meine Freundin sie haben will, sie mehr Stress hätte… und viele andere Argumente, die Ihnen aus Ihrem Leben mit Sicherheit auch bekannt sind. Übersetzt heißt das: Warum soll ich mich anstrengen? Egal, was ich tue, ich werde nie einen gleichwertigen Status einnehmen. Also bleibe ich, wo ich bin. Und deshalb brauche ich auch kein Geld.

Abwärtsspirale beim Selbstwert

Frauen stellen auf dem Weg in Vollzeitberufe – und hier sprechen wir noch nicht mal von Karrierepositionen – viele Hürden und Schutzbehauptungen auf. Schutzbehauptungen, die sie auch vor sich selbst als Wahrheit anerkennen. Wenn ein Ziel, das es zu erreichen gilt, so weit weg ist, die Hürden in der Phantasie unüberwindbar, der Mutterinstinkt übermäßig, die Kitas mit schlechter Qualität und die Kinder immer nahe an der Verwahrlosung, wenn sie nicht von ihrer Mutter betreut werden, dann brauchen Frauen kein Geld. Sagen sie. Es reiche der Minijob, die Honorar- oder Teilzeitstelle.

Das Problem: Die finanzielle Falle, in der Frauen dann sitzen, wird zu einer Abwärtsspirale, die sich noch in ganz andere Lebensbereiche dreht. Bedürfnisse werden kaum noch wahrgenommen. Zuerst der Boss-Anzug des Mannes, den er für das Büro braucht, dann die Klamotten für die Kinder, schließlich dürfen sie ja nicht gemobbt werden und ganz zum Schluss das T-Shirt von H&M für die Frau. Frau ist eben bescheiden und braucht kein Geld.

Was gibt es jetzt aber für Möglichkeiten, diese Abwärtsspirale aufzuhalten, am besten gar nicht erst entstehen zu lassen? Wie so oft im Leben gibt es dazu kein Patentrezept, weil ja jeder Mensch und jedes Lebensmodell – gerade in einer Partnerschaft – unterschiedlich ist. Auf Basis meiner persönlichen Erfahrungen würde ich aber trotzdem dazu raten, folgende Empfehlungen zu beherzigen:

Ganz am Anfang sollte natürlich ein klares Verständnis und eine klare Absprache zwischen beiden Partnern bestehen, wie der gemeinsame Weg aussehen soll. Ähnlich, wie es ja Antoine de Saint-Exupery (Autor von „Der kleine Prinz“) ausgedrückt hat. „Dass Liebe eben nicht darin besteht, dass man einander anschaut. Sondern dass man gemeinsam in dieselbe Richtung blickt“. Wenn beide Partner sich für eine Berufstätigkeit entschieden haben, dann braucht es klare Absprachen, wer zu Hause für welche Aufgaben zuständig ist. Natürlich auch, wie die Finanzen geregelt werden, was in einen gemeinsamen „Topf“ fliesst und was nicht. Und diese Absprachen sind vor allem dann wichtig, wenn es um die Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder geht. Auch, auf wen man sich in Notfallsituationen verlassen kann und wer in diesen verlässlich hilft.

Aber was tun, wen man (in diesem Fall „Frau“) keine Einigung erzielen kann und der Partner zu keinen Kompromissen bereit ist? Dann hilft leider nur die oft schmerzhafte Erkenntnis: Entweder frau hat sich für den falschen Beruf entschieden. Oder für den verkehrten Partner…“

 

*Meine Gast-Autorin, Martina Lackner, ist Ehefrau, Mutter, Psychologin (dies schon vor ihrer Heirat und Mutterrolle…) und erfolgreiche Unternehmerin. Sie berät als  Sparringspartnerin Menschen in beruflich herausfordernden Situationen und ist Autorin von Fachartikeln und Büchern. Gemeinsam mit Top-Managerinnen hat sie gerade das Buch „21 Erfolgsfrauen – 21 Karriereformeln“ geschrieben (Vorwort Frau Dr. Auma Obama).

 

Dieser Artikel erschien in ähnlicher Form auch im Magazin Stern.