„Das war´s noch nicht!“ Viele empfanden seine Aussage vor fast drei Jahren als Drohung. Manche als Wunschtraum, die allermeisten aber als Hoffnungsschimmer. Vor allem die allermeisten Fans des FC Bayern München, als sich im Frühjahr 2014 „ihr“ Präsident, Uli Hoeneß, in einer emotionalen Rede von ihnen verabschiedete. Zum Antritt einer Gefängnisstrafe, die vor 27 Jahren für ihn genauso weit weg gewesen sein muss, als die kurz danach folgende deutsche Wiedervereinigung, oder die Erde vom Jupiter. Oder die anderen Vereine von seinem Verein, dessen Mitglieder er immer als seine Familie behandelt und bezeichnet hat.
Alles für die Familie
Für diese „Familie“ und deren Angehörige tat er alles. Egal, ob es sich um den schwer kranken Gerd Müller handelte, um den er sich wie eine Mutter kümmerte. Oder um verdiente Spieler (z.B. Wolfgang Dremmler, Hansi Pflügler, Raimond Aumann) die im Verein verantwortliche Positionen (Chefscout, Leiter Fan Shop, Fanbetreuung) übernahmen. Von der „grauen Eminenz“ im Hintergrund, Paul Breitner ganz zu schweigen.
Und wehe, es wagte einer, diese Familie anzugreifen. Dann lief Uli Hoeneß zu Hochform auf. Zum Beispiel als am 20. Mai 1989, er und Christoph Daum, der Trainer des 1. FC Köln und damaliger Hauptrivale der „Bayern“, im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF aneinander gerieten. Daum hatte sich den damaligen Bayern-Trainer Jupp Heynckes als Zielscheibe seiner Angriffe und seines Spotts ausgesucht, auch weil dieser damals aufgrund seines oft hochroten Kopfes den Spitznamen „Osram“ verpasst bekommen hatte. Und gut 10 Jahre später, im Oktober 2000, war es wieder Christoph Daum, den Uli Hoeneß sich wegen seines vermuteten, im Januar 2001 durch Daum zugegebenen, Drogen-Konsums vorknöpfte: „Wenn das alles Fakt ist, worüber geschrieben wurde, auch unwidersprochen über den verschnupften Daum, dann kann er nicht Bundestrainer werden“, so wurde Hoeneß damals von der Münchener „Abendzeitung“ zitiert.
Die Haftstrafe
Dann der Donnerschlag, seine Verurteilung zu einer dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung von 28,5 Millionen Euro im März 2014. Das Ergebnis seiner im großen Stil durchgeführten Börsenspekulationen in der Schweiz und der nicht angegebenen und abgeführten Steuern auf Spekulationsgewinne. Im Januar 2013 zeigte sich Uli Honeß deswegen selber an, blieb aber bis zu seiner Verurteilung weiterhin im Amt. So, als wäre nichts geschehen. Und so, als würden die geltenden Regeln (Compliance, Corporate Governance) für Aktiengesellschaften und deren Führungsgremien nur für andere gelten, aber nicht für ihn.
Am 29. Februar 2016 wurde Uli Hoeneß vorzeitig, nach fast genau der Hälfte der vorgesehenen Haftstrafte, auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen. Und neun Monate später mit überwältigender Mehrheit der Anwesenden auf der Mitgliederversammlung des FC Bayern München wieder zu deren Präsidenten gewählt. Und nicht einmal ein Jahr (am 6. Februar 2017) nach seiner Haftentlassung von seinen Kollegen im Aufsichtsrat (auch von Ex-VW-Vorstand Martin Winterkorn) wieder zum obersten Aufseher, zum Chef der FC Bayern München AG, eingesetzt. So, als wäre er nie weggewesen und so, als wäre nichts geschehen.
Die Bilanz
Wie sollen wir Uli Hoeneß jetzt bewerten? Als überragenden Geschäftsmann, der mit seinen Unternehmen Millionen an Steuern erwirtschafte und bezahlte? Zum Beispiel auch durch den Bau der Allianz-Arena, Millionen an abgeführten Steuern der FC Bayern AG und Millionen an bezahlten Einkommenssteuern durch die Multimillionäre im Spieler-Dress des Clubs. Von den Beträgen ganz zu schweigen, welche die Stadt München und das lokale Dienstleistungsgewerbe an jedem Spieltag einnehmen. Und wie bewerten wir seinen Anteil an den Erfolgen des FC Bayern gerade auch international? Wie weit hat die Deutsche Nationalmannschaft an den Spielern des FC Bayern profitiert und damit auch ein bisschen wir alle? Oder senken wir den Daumen über ihn, weil er als Machtmensch den Bogen offenkundig überspannte, geltende Regeln und Gesetze ignorierte, anderen Menschen (siehe Christoph Daum) gerne Moral-Predigten hielt, aber sich selber anscheinend für unangreifbar?
Vielleicht hilft an dieser Stelle die bekannte Geschichte von dem Spiegel, den Steinen und dem Glashaus. Dem Spiegel, über den man sich jeden Tag selber in die Augen blickt. Darin auch sieht, ob man mit sich selber im reinen ist und mit gutem Gewissen den Tag beginnen oder beschliessen kann. Und am Schluss mag sich jeder selber daran messen, ob er „ohne Sünde sei“ und den „ersten Stein werfen“ möchte. Im, oder ausserhalb des eigenen Glashauses. Und mit Berücksichtigung aller Positionen in der Bilanz von Uli Hoeneß. Auf der Soll- und auf der Haben-Seite.
Dieser Artikel erschien auch als Gastbeitrag bei Naanoo
So viel wie ich weis, hat Uli Hoeneß hat sich erst angezeigt, als er von guten Freunden darauf hingewiesen wurde, das gegen ihn ermittelt wurde. M. E. hat er seine volle Strafe verdient und mir ist vollkommen unbegreiflich, das so ein Betrüger wieder zum Präsidenten von Bayern München gewählt wurde, das gibt es nur in Bayern.
So ein Mann taucht doch nicht zum Vorbild, das kann man doch nicht mit guten Taten aufwiegen!!??
Dann muss man sich über Panama und immer mehr Steuersünder nicht wundern, das ist dann die Folge.
Beste Grüße von Klaus
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Ich habe lange versucht, beide Seiten von Herrn Hoeneß zu zeigen. Auch, weil er ja (oft unbemerkt von der Öffentlichkeit) sehr viel für einzelne Menschen getan hat, zum Beispiel Gerd Müller aus seiner Alkoholsucht geholfen und ihn vor noch viel schlimmerem bewahrt hat. Aber als er (Hoeneß) nicht sofort nach seiner Selbstanzeige von all seinen Ämtern zurücktrat, fiel es auch mir schwer, ihn noch länger zu verteidigen…
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